Frank Schäffler

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Auch in der Corona-Krise darf der Rechtsstaat nicht untergehen

Photo by Brian McGowan on Unsplash

Sind in der Krise alle Mittel erlaubt? Heiligt der Zweck die Mittel? Darf in der Not jedes Gebot gebrochen werden? Oder gibt es auch Grenzen? Der deutsch britische Liberale Ralf Dahrendorf hat dieses Spannungsfeld in einem bemerkenswerten Interview mit der ZEIT im Jahr 1993 in kluger Weise ausgelotet. Dahrendorf stellt dort fest, er habe sich „nie anfreunden können mit dem sogenannten Prinzip Verantwortung, das uns dazu veranlassen soll, die Freiheit jetzt einzuschränken, damit künftige Generationen sie wieder haben. Wer die Freiheit einzuschränken beginnt, hat sie aufgegeben und verloren.“

Wenn die Regierung jetzt eine umfassende Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorlegt, dann stellen sich diese Fragen überdeutlich. Laut dem Gesetzentwurf soll das Bundesgesundheitsministerium durch Rechtsverordnung beschlagnahmen, Verkaufsverbote aussprechen, Produktionsstätten schließen oder diese zu Umstellung der Produktion veranlassen können. Über Erlasse des Ministers können Teile des Sozialgesetzbuches und der Selbstverwaltung ausgesetzt und die grundgesetzlich garantierte körperliche Unversehrtheit der Bürger eingeschränkt werden. Gegenüber den Ländern sollen Einzelweisungen erteilt werden können, die „zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland dringend geboten sind“. Zum Zwecke der Nachverfolgung von Kontaktpersonen von erkrankten Personen konnten im Ursprungsentwurf sogar technische Mittel eingesetzt werden. All das geschieht in der Notsituation der COVID19-Pandemie und soll vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat im Schnellverfahren verabschiedet werden.

Doch gerade in Krisensituationen darf der Rechtsstaat durch die Demokratie nicht ausgehebelt werden. Historisch gibt es dafür genügend Beispiele, wie ursprünglich einmalige Eingriffe einen Dauerzustand etabliert haben. Wer garantiert uns, dass dies hier nicht auch der Fall ist? Die gesetzlichen Änderungen sind nicht einmal befristet. Eine parlamentarische Kontrolle ist weder im laufenden Prozess noch im Nachhinein vorgesehen, lediglich ein Bericht über „Vorschläge zur gesetzlichen, infrastrukturellen und personellen Stärkung des Robert-Koch-Instituts sowie gegebenenfalls zusätzlicher Behörden“ sind in einem Bericht an den Deutschen Bundestag bis zum 31. März 2021 vorzulegen.Die Einschränkung des Grundrechtes der körperlichen Unversehrtheit hält wahrscheinlich einer verfassungsrechtlichen Überprüfung gar nicht stand. Wenn beispielsweise Pflegepersonal, Ärzte oder sogar Patienten gegen ihren Willen behandelt oder geimpft werden, mit Methoden oder Wirkstoffen, die bis dahin nicht ausreichend getestet und erprobt wurden, dann hat das Individualrecht der körperlichen Unversehrtheit seine Wirkung verloren. Menschen sind keine Testobjekte, die gegen ihren Willen zu einem höheren Ziel geführt werden dürfen.

Kein Zweifel: die derzeitige Pandemie erfordert entschlossenes Handeln, denn es geht um Menschenleben. Doch es muss immer auch um Menschenwürde gehen, das wussten schon die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes. Die wichtigsten Garanten dieser Menschenwürde sind individuelle Freiheit und Selbstbestimmung. Der Entwurf des Infektionsschutzgesetzes trägt diesem Aspekt zu wenig Rechnung. Es ist nicht verhältnismäßig, die Freiheit einzuschränken, um einem „höheren Ziel“ zu erreichen. In dieser Zeit sind parlamentarische Kontrolle und der Rechtsstaat wichtiger denn je. Wie schon Dahrendorf in jenem Interview sagte: „ich bin nach wie vor der Meinung, und vielleicht verschärft der Meinung, daß eine Welt, in der nur Zwang und Anreize menschliches Verhalten regieren, keine Welt ist, in der man gerne leben möchte.“

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