Die Inflation in Deutschland erreicht historische Ausmaße. Mit derzeit 10,4 Prozent war sie nur 1951 höher, also vor mehr als 70 Jahren. Die große Mehrheit in Deutschland kann sich nicht an höhere Inflationsraten erinnern. Lediglich Kinder der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsgeneration kennen diese Art der Geldentwertung noch. Die Inflation ist kein Phänomen, das über Nacht über uns hereingebrochen ist. Sie hat sich langsam, aber stetig aufgebaut und wird jetzt durch externe Schocks, wie die Pandemie und den Ukraine-Krieg verstärkt. Diese Entwicklung der Inflation ist nicht neu, sondern typisch. Noch unterliegen die Bürger der Geldillusion. Sie preisen die Inflation nicht ein, sondern Vertrauen dem nominalen Wert des Geldes, obwohl der Geldwert bei der aktuellen Inflationsrate innerhalb von 7 Jahre die Hälfte seines Wertes verlieren würde. Doch wie kommen wir aus dieser Situation heraus? So viel vorweg: einfach wird es nicht.
Ursache der Geldentwertung ist die Vervielfachung des Geldes. Wenn aus einem Euro über die Zeit drei werden, dann hat das Auswirkungen auf die relativen Preise. Einiges wird sofort teurer, anderes später. Wer Schulden hat, profitiert von dieser Geldentwertung, weil er nominal den ursprünglich geliehenen Euro zurückzahlen muss. Wer Geld verleiht, leidet darunter, weil er den weniger wertvollen Euro zurückbekommt. Es ist daher in Geldentwertungszeiten nicht attraktiv, Geld selbst zu verleihen, sondern Schulden zu machen. Die meisten Schulden macht meist der Staat, daher profitiert er von der Geldentwertung. Er könnte, um seinen Staatsapparat zu finanzieren, auch die Steuern erhöhen oder weniger ausgeben. Doch das ist unpopulär. Daher ist der Weg in die Verschuldung in allen Staaten und historisch immer der bevorzugte Weg. Lediglich die Intensität ist von Staat zu Staat unterschiedlich.
Bei nüchterner Betrachtung kommen vier Möglichkeiten in Betracht, um die Verschuldungssituation in den Griff zu bekommen:
- Hyperinflation
Auch das kennen wir historisch. Die Inflationszeiten der 1920er waren Folge des verlorenen Krieges und der Reparationszahlungen an die Siegermächte. Das Deutsche Reich finanzierte die Ausgaben des Staates durch die Druckerpresse. Die Hyperinflation war die Folge. Mit der Einführung der Rentenmark 1923 und deren Koppelung an reale Werte wurde anschließend wieder Vertrauen geschaffen. Einher ging diese Entwicklung mit Ausgabenkürzungen in den öffentlichen Haushalten. Eine kurze Zeit der Solidität kehrte ein.
- Finanzielle Repression
Dies ist historisch ebenfalls eingeübt. Die USA und Großbritannien sorgten nach dem 2. Krieg über ihre Notenbanken dafür, dass die Zinsen niedriger waren als die Inflationsrate. Vermögen und Einkommen verloren real an Wert. Dies war mit Zins- und Kapitalverkehrskontrollen verbunden. Die staatliche Verschuldung nahm dadurch sukzessive ab.
- Muddling-Through
Das Beispiel des „Durchwursteln“ zeigt sich in Argentinien. Sich abwechselnde und zugleich widersprechende wirtschafts- und geldpolitische Strategien führen zu einem ständigen Auf und Ab. Das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen schwindet. Die Staatsinsolvenz ist die Folge. Anschließend geht man dann aber nicht auf einen Konsolidierungspfad über, sondern macht so weiter wie bisher. Die nächste Staatsinsolvenz ist dann nicht weit.
- Austerität
Margaret Thatcher machte die Austeritätspolitik unter der TINA-Strategie (There is no alternative) populär. Ausgaben wurden gekürzt und die Notenbank vollzog eine restriktive Geldpolitik. Der Aufschwung Großbritanniens in den 1980er Jahren war die Folge. Deutschland kennt diesen Weg auch. Anfang der 2000er Jahre waren wir der kranke Mann Europas: Hohe Verschuldung, geringes Wachstum und hohe Arbeitslosigkeit. 2003 wurde mit der Agenda 2010 die Kürzung von Sozialleistungen beschlossen. Die Wirkung war der anschließende Aufschwung, von dem wir nicht nur in den anschließenden Jahren bis 2008 profitierten, sondern bis heute.
Wahrscheinlich ist der Weg der Austerität der ehrlichste Weg, hohe Inflationsraten und Staatsverschuldung zu bekämpfen. Er ist auf den ersten Blick sehr unpopulär, weil er auf Verzicht und harte Einschnitte setzt. Er entspricht aber am ehesten dem Haftungsprinzip. Wenn über Jahre mehr Geld ausgegeben wurde, als erwirtschaftet werden konnte, dann geht das eine gewisse Zeit gut. Aber irgendwann muss dies „nachgehungert“ werden. Oder: besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Dieser Text erschien zuerst bei Prometheus – Das Freiheitsinstitut