(Foto: orange juice; Geoff Peters (CC BY 2.0) auf flickr)
Donald Trump macht ernst und zettelt einen Handelskrieg mit Europa an. Anstatt wiederum erbost und genauso schädlich mit eigenem Protektionismus zu antworten, sollte sich die EU auf Ihre Wurzeln besinnen. Und diese liegen im Freihandel.
Lange haben die Regierungen und Wirtschaftsführer in Europa die Ankündigungen Donald Trumps nicht besonders ernst genommen. Noch beim Weltwirtschaftsforum in Davos umgarnten die Industriebosse den US-Präsidenten und schmeichelten ihm mit Investitionsankündigungen in den Vereinigten Staaten. Trump ist ein geschickter Verhandler und Taktierer. Er stellt Maximalforderungen in den Raum, weil er weiß, dass die europäischen Unternehmen auf den amerikanischen Markt nicht verzichten können. Sie werden sich arrangieren.
Jetzt lässt er seinen Ankündigungen Taten folgen. Mit Zöllen für Stahl- und Aluminiumimporte von 25 bzw. 10 Prozent will er die heimische Industrie schützen. Diese Unberechenbarkeit von Donald Trump macht ihn fast schon wieder berechenbar. Er bricht mit traditionellen Denkmustern, die einen republikanischen Präsidenten eher auf der Seite der Marktwirtschaft und des Freihandels sehen würden. Das aber macht er konsequent und ohne Rücksicht auf Verluste. Dass deshalb letztlich gute Leute aus seinem Umfeld von Bord gehen, nimmt er billigend in Kauf. Nicht erst seit den Tweets von Donald Trump, sondern bereits seit den Protestbewegungen gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA, weht ein kalter Hauch des Protektionismus und der nationalen Abschottung über den Globus. Die Geister, die die Protestler seit Jahren rufen, kommen jetzt aus der Flasche.
Die Frage ist, wie die EU und Deutschland auf diese Provokationen reagieren sollen: Gleiches mit Gleichem vergelten und ebenfalls neue Schutzzölle erheben? Und falls ja, sollten die Europäer mit Pauschalbeschränkungen antworten oder lieber eine Politik der Nadelstiche verfolgen, indem sie dort ansetzen, wo es wichtigen republikanischen Abgeordneten und Senatoren besonders weh tut? Letzteres ist wohl die Strategie, die die EU-Kommission verfolgt. Nicht der Säbel, sondern das Florett. Angedacht sind Zölle auf Harley-Davidson-Motorräder, Jeans, Erdnussbutter, Orangensaft und Mais. Die Mischung scheint doch etwas willkürlich, aber das ist wohl systemimmanent. Denn Eingriffe des Staates in den freien Warenaustausch sind immer willkürlich. Sie hindern Einzelne, die Waren und Dienstleistungen miteinander auszutauschen, die sie präferieren. Das ist immer schlecht, weil es Menschen in ihrer Freiheit einschränkt.
So schlimm es ist, dass amerikanische Kunden künftig für Stahl und Aluminium mehr bezahlen müssen und gleichzeitig europäische Stahl- und Aluminiumhersteller in Europa unter Preisdruck geraten, weil die Angebotsmenge dort zunimmt, so völlig absurd ist es, welche Konsequenzen das in der Logik der EU-Kommission hat. Die Kommission plädiert als „Gegenmaßnahme“ dafür, dass Harley-Davidson-Fans plötzlich in Europa mehr für ihr Motorrad bezahlen müssen und der Orangensaft teurer wird. Und was hat Aluminium mit Orangensaft zu tun? Beide Waren miteinander zu verbinden, verschlimmbessert sogar die Situation. Erst kommen die heimischen Stahl- und Aluminium-Hersteller unter Preisdruck und zusätzlich müssen heimische Käufer mehr für Orangensaft bezahlen.
Und warum müssen Harley-Davidson-Fans darunter leiden, wenn an anderer Stelle falsche politische Entscheidungen getroffen werden? Welch absurde Logik! Vielleicht steckt hinter den von Jean-Claude Juncker empört angekündigten Gegenmaßnahmen aber auch etwas sehr Simples: die Haushaltssituation der EU. Denn sie vereinnahmt die Zölle und das ist nicht ganz unerheblich. 15,2 Prozent (20 Mrd. Euro in 2016) der Einnahmen der EU sind Zölle. Zölle sind faktisch die einzige Einnahmequelle, die die EU in ihrer Höhe beeinflussen kann. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Was wäre eine angemessene Reaktion auf die Schutzzölle der USA? Das genaue Gegenteil jeglicher neuer Handelsbeschränkungen, nämlich deren Beseitigung auf europäischer Ebene. Kurz: auf die Ankündigung von 10 Prozent Zoll für Aluminiumhersteller sollte die EU mit einem Abbau des zehnprozentigen Zolls auf Automobilimporte reagieren. Es würde amerikanische Autos in Europa billiger machen und damit die Konsumentenfreiheit erhöhen. Die heimischen Hersteller sollten diesen Wettbewerb selbstbewusst annehmen. Sie wollen sicherlich auch keine staatlichen Preisverzerrungen im eigenen Land.
Das wäre ein Bekenntnis zu Europa! Denn eine solche Reaktion stünde in einer großen europäischen Tradition. 1860 vereinbarten Großbritannien und Frankreich wohl das erste Freihandelsabkommen überhaupt. Darin verzichtete Großbritannien einseitig auf alle Importzölle französischer Waren. Frankreich war nicht ganz so schnell, sondern reduzierte seine Zölle lediglich in zwei Schritten. Es war der Beginn einer Freihandelsbewegung, die sich über Europa und letztlich über die ganze Welt verbreitete und die zum globalen Wohlstand entscheidend beigetragen hat. Es braucht also keinen Gleichklang, kein Zug um Zug oder “Tit for tat“. Es braucht nur die Erkenntnis, dass Schutzzölle in erster Linie den Bürgern im eigenen Land schaden, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen erlahmen lassen und konsequenter Freihandel zutiefst europäisch ist. Wer hätte das gedacht?
Zuerst erschienen bei Prometheus – Das Freiheitsinstitut