Frank Schäffler

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Bundesbankbericht: Auf jeden Sonnenschein folgt Regen

Wer an die Zinswende glaubt, sollte den aktuellen Bundesbankbericht lesen. Mitte der 1990er Jahre lagen die staatlichen Zinsausgaben bei 3,5 Prozent zur Wirtschaftsleistung. Heute liegen sie gerade mal bei 1,5 Prozent. Im Schnitt bezahlt der deutsche Staat unter 2 Prozentpunkte Zinsen für seine Schulden. 1992 lag der Durchschnittszins der Schudlen noch bei 8 Prozentpunkten. Allein im letzten Jahr lag die Zinsersparnis dadurch bei 47 Milliarden Euro – seit 2008 bei insgesamt 240 Mrd. Euro. Das entspricht allein 7,5 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Allein die Länder und Gemeinden haben seit 2007 rund 17 Milliarden Euro eingespart. Die Zinsausgaben haben sich in den letzten 9 Jahren bei den Bundesländern halbiert, obwohl der Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nahezu konstant war. Das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen hat dadurch in den 9 Jahren eine Zinsentlastung von 5,19 Milliarden Euro erfahren.

Das entspricht einer Entlastung im Haushalt von 4,6 Prozent. Bei allen Bundesländern waren es im Durchschnitt rund 3,5 Prozent. Das billige Geld der EZB hilft den öffentlichen Haushalten enorm.

Würde das Zinsniveau für die deutschen Staatsschulden um 1 Prozentpunkt ansteigen würden die Ausgaben im Jahr darauf um 5 Milliarden und im Folgejahr um nochmals 2 Milliarden Euro ansteigen. Nach Refinanzierung des gesamten Schuldenstandes ergäben sich Mehrausgaben von 21,5 Milliarden Euro jährlich.

Die Zahlen zeigen alleine für Deutschland, dass eine Zinswende die öffentlichen Haushalte sehr schnell vor fast unlösbare Probleme stellen würde. Doch Deutschland ist hier auf der Sonnenseite. Ganz anders sieht es bei den Schuldenstaaten Italien, Portugal und Spanien aus. Italien profitiert derzeit am meisten von der Niedrigzinspolitik der EZB. Im letzten Jahr sparte Italien 2,5 Prozent seiner Wirtschaftsleistung an staatlichen Zinszahlungen. Seit Ausbruch der Krise 2008 sind es kumuliert 10,5 Prozent zum BIP. Der Internationale Währungsfonds streitet sich mit der Euro-Gruppe über einen Schuldenerlass für Griechenland. Bekanntlich hat Griechenland mit 179 Prozent zur Wirtschaftsleistung die höchste Verschuldung im Euroraum. Doch ob die Schuldenlast tragfähig ist, hängt wesentlich von der laufenden Belastung für die Athener Regierung ab. Hier ist die Situation weitaus weniger dramatisch, als viele meinen. Griechenland hat eine geringere Zinsbelastung zum BIP als Italien oder Portugal. Das liegt an den subventionierten Hilfskrediten der Eurostaaten, des ESM und des IWF. Die Durchschnittsverzinsung der griechischen Schulden liegt dadurch unter 2 Prozentpunkte. So lag der Zins für die Kredite des Europäischen Stabilitätsmechnismus 2015 bei 0,7 Prozentpunkten. Läge die durchschnittliche Verzinsung auf dem Niveau von 2007, hätte Griechenland fast 5 Prozent des BIPs zusätzlich für den Schuldendienst aufwenden müssen. Seit 2008 wären dies insgesamt rund 37 Milliarden Euro (21,5% des BIP) zusätzlich gewesen. Das zeigt, Griechenland hat in erster Linie ein Strukturproblem. Eigentumsrechte werden nicht ausreichend geschützt, Bürokratie und Korruption lähmen das Land und staatliche Insolvenzverschleppung verhindert den Neuanfang.

Insgesamt gilt aber, dass mit der Durchschnittsverzinsung aus dem Jahr 2007 die Zinsausgaben im Euroraum um fast 2 Prozent des BIPs höher liegen würden. Im Euroraum kamen so Einsparungen von beinahe 1 Billionen Euro (9% des BIP) zustande.

Was folgt daraus? Eine Zinswende wird nicht stattfinden können. Würde Mario Draghi diese jetzt einleiten, dann würde die Zinsbelastung nicht nur für die Kommunen im Ruhrgebiet schnell anwachsen und Nordrhein-Westfalen an die haushälterischen Grenzen führen, sondern insbesondere Italien, Portugal, Spanien und alle anderen auf einen Schlag vor Finanzierungsprobleme stellen. Auch die Chefin der amerikanischen Notenbank Fed, Janet Yellen, kann diese Situation nicht völlig ignorieren. Würden die Amerikaner ihren Leitzins auf altes Niveau heben und die EZB würde ihre Politik des billigen Geldes fortsetzen, dann hätte das tiefgreifende Verwerfungen der Finanzströme zur Folge.

Heute beträgt die weltweite Verschuldung 200 Billionen Euro. Sie ist 40 Prozent höher als vor der Krise 2008. Ein leichtes Entkommen ist da nicht so einfach möglich. Die Bundesbank schlägt in ihrem aktuellen Bericht vor, die Nullgewichtung von Staatsanleihen aufzugeben. Schon das wird seit vielen Jahren diskutiert. Der Grund für die mangelnde Umsetzung ist die Angst vor dem Zusammenbruch des Finanzsystems. Die Politik des billigen Geldes der EZB kann nur durch eine marktwirtschaftliche Bepreisung von Schulden beendet werden. Das setzt voraus, dass man die Insolvenz von Staaten und Banken akzeptiert. Seit es historisch Staaten und Banken gibt, sind diese immer wieder zahlungsunfähig geworden. Würde dies nicht permanent von den Euro-Staaten verhindert, wäre Mario Draghi gezwungen, seine Geldpolitik zu ändern.

Vielleicht sollte man nicht abwarten, bis Italien seine Finanzierungsprobleme nicht mehr eigenständig lösen kann und daher mit Griechenland beginnen. Anschließend wäre ein Neustart außerhalb des Euros, aber innerhalb der EU möglich. Die Marktteilnehmer haben sich darauf eingestellt, dass es auf Dauer in Hellas so nicht weitergehen kann. Sie glauben auch nur bedingt an die immer wiederkehrenden, positiven Wasserstandsmeldungen, weil sie als Sparer und Steuerzahler schon mehrmals den hellenischen Keller leergepumpt haben.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Tichys Einblick.

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