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Der Wechsel von der Wirtschaft in die Politik und umgekehrt wird oft kritisiert. Denn darin wird meist ein Interessenkonflikt gesehen. Politiker sind keine Roboter, sondern Menschen, die ein berufliches Vorleben haben, das sie nicht einfach abstreifen können. Die Ausbildung, der Beruf, das Umfeld prägen einen. Und es gibt Beispiele, die mindestens ein „Geschmäckle“ haben. Jüngst ist dies der Fall beim beamteten Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jörg Kukies. Seit vielen Wochen wird über die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank spekuliert. Beide Bankvorstände haben dies immer zurückgewiesen, doch immer wieder werden Olaf Scholz und sein Staatssekretär als Befürworter einer solchen Fusion genannt. Im August vergangenen Jahres stellte Scholz fest: Es sei ein Problem für eine große Volkswirtschaft wie die deutsche, „dass die Banken (…) nicht die Größe und die Globalität haben, um die Wirtschaft zu begleiten“. Ein Finanzminister, der sich so zitieren läßt, macht dies nicht ohne Absicht. Insbesondere dann nicht, wenn der Staat größter Einzelaktionär der Commerzbank ist.
Dazu ist der Staat im Zuge der Bankenkrise 2008 erst geworden. Kurz zuvor fädelte einer der Vorgänger von Jörg Kukies, Jörg Asmussen, den Deal für den damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ein. Man wollte einen zweiten globalen Champion neben der Deutschen Bank schaffen. Am 2. November stützte der Bund das fusionierte Institut mit einer stillen Einlage in Höhe von 8,2 Milliarden Euro und schirmte die Bank mit einem Garantierahmen von zunächst 15 Milliarden Euro ab. Ein Teil dieser Einlage wurde später in Aktien gewandelt. Heute hält der Bund dadurch 15,6 Prozent der Commerzbank. Für dieses Aktienpaket bezahlte der Bund damals 5,1 Milliarden Euro, die heute nur noch 1,44 Milliarden Euro Wert sind.
Pikant ist dabei, dass Kukies bis zu seinem Wechsel ins Finanzministerium Anfang 2018 Deutschland-Chef von Goldman Sachs war. Goldman Sachs wiederum berät seit 2017 die Commerzbank, erst hinsichtlich feindlicher Übernahmen und jetzt laut Zeitungsberichten wiederum in den Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank. Seit Wochenbeginn legte der Kurs der Commerzbank-Aktie um rund 12 Prozent zu. Es herrscht Fusionsphantasie im Markt.
Doch warum ist das Scholz-Ministerium so erpicht auf diese Fusion? Eigentlich spricht nichts dafür. Eine Fusion würde die DeutschCommerz nicht in die Weltliga zurückbringen, allenfalls in die Europaliga. Wahrscheinlich würden mindestens 30.000 Arbeitsplätze in beiden Häusern verloren gehen, das Filialnetz ausgedünnt und dennoch die Ertragskraft wahrscheinlich nicht wesentlich verbessert werden. Die Integration beider Häuser würde das gemeinsame Institut auf Jahre lähmen. Gleichzeitig ist dieser Banken-Nationalismus auch ein Schlag gegen eine Finanzmarktunion in der EU. Dort bräuchte man weniger nationale, sondern mehr grenzüberschreitende Zusammenschlüsse, um das Erpressungspotential der großen Banken gegenüber ihren Staaten zu durchbrechen. Warum das Ganze also?
Wahrscheinlich ist es die implizite Staatshilfe, die die DeutschCommerz erhalten soll. Schon heute profitiert die Commerzbank bei ihrer Refinanzierung vom größten Aktionär im Hintergrund. Der Kapitalmarkt sieht hinter der Commerzbank den Staat, der zwar nur mit 15,6 Prozent beteiligt ist, aber dennoch der maßgebliche Aktionär ist. Das Triple A des Staates überträgt sich auf die Commerzbank und verbessert ihre Refinanzierung. So wäre es auch, wenn beide Häuser zur DeutschCommerz fusionieren. Zwar würde der Anteil des Staates voraussichtlich auf rund 5 Prozent abschmelzen, aber auch dies würde der DeutschCommerz einen Finanzierungsvorteil sichern.
Es wäre also eine Staatshilfe, die die Deutsche Bank dringend braucht. Sie verliert im Wettbewerb zu anderen Instituten. Ihre Liquidität von geschätzt 250 Mrd. Euro muss die Deutsche Bank zu Minus 0,4 Prozent über Nacht bei der EZB parken. Auf das Jahr gerechnet ergibt das 1 Milliarde Euro an Aufwand, der umgekehrt bei US-amerikanischen Wettbewerbern zum Ertrag wird. Wenn JP Morgan 500 Mrd. Dollar Liquidität bei der US-Notenbank FED parkt, erhält sie aktuell 2,5 Prozent gutgeschrieben. Auf das Jahr gerechnet ergibt das einen Ertrag von 12,5 Milliarden Dollar. Um diese Wettbewerbsunterschiede auszugleichen, muss eine Deutsche Bank schon ein „paar Sparbücher“ mehr verkaufen. Daher verlieren deutsche Banken generell an Wettbewerbsfähigkeit durch die falsche Zinspolitik der EZB.
Und an dieser Stelle kommen wir wieder an den Anfang unserer Geschichte. Goldman Sachs hat in einer Studie von Oktober 2018 die Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank schon begrüßt und nennt als einen der Vorteile, dass der deutsche Staat ein „wichtiger Aktionär“ der neuen Mega-Bank werden würde. Das würde die Kreditwürdigkeit der neu geschaffenen Bank erhöhen. Von einer Privatisierung der DeutschCommerz ist dabei nicht die Rede. Deshalb ist es auch konsequent, wenn jetzt Goldman Sachs die Commerzbank bei den Fusionsgesprächen berät und Jörg Kukies dies alles im Hintergrund einfädelt.
Doch das Risiko für den Steuerzahler steigt. Der Finanzminister hofft darauf, dass sich an das Desaster aus Commerzbank und Dresdner Bank vor über 10 Jahren keiner mehr erinnert. Scholz und Peter Altmaier im Wirtschaftsministerium glauben an die Gestaltungswirkung der Politik. Sie wollen „nationale Champions“ schaffen, um sich gegen die USA und China ökonomisch zu behaupten. Ob das mal gut geht?
Dieser Artikel erschien zuerst bei Tichys Einblick.