Frank Schäffler

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Deutschland braucht einen Mentalitätswandel

Photo: Acid Pix from Flickr (CC BY 2.0)

Wenn man Deutschland von außen betrachtet, dann beschleicht einen das Gefühl, dass wir im Vergleich zu anderen nicht so richtig vorankommen oder sogar zurückfallen. Brücken sind marode, die digitale Infrastruktur kommt nur schleppend voran und die Innovationskraft lässt nach.  Generell hat man den Eindruck, wir leben von der Substanz. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat dies in dieser Woche zum Thema gemacht, und über den Grad der Modernität des Kapitalstocks im Vergleich zu anderen Ländern berichtet. Je moderner der Kapitalstock, desto höher die Wertschöpfung je Beschäftigtem. Deutschland schneidet dabei schlecht ab. Im Vergleich mit vielen anderen entwickelten Volkswirtschaften habe Deutschlands Kapitalstock in den vergangenen 20 Jahren erheblich an Qualität eingebüßt, zitiert die FAZ aus einer Studie des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller. 

Hier schließt sich die Frage an: was macht ein Land oder eine Volkswirtschaft ökonomisch erfolgreich? Und was sind eigentlich die Erfolgsfaktoren für den Aufstieg? Rainer Zitelmann hat dies in seinem neuen Buch „Der Aufstieg des Drachen und des weißen Adlers“ am Beispiel von Polen und Vietnam untersucht. Beide Länder haben eine kommunistische Vergangenheit. Polen ist nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Teil der Europäischen Union geworden, ist inzwischen demokratisch verfasst und marktwirtschaftlich ausgerichtet. Vietnam ist nach außen hin ein sozialistischer Staat, in dem politisch Andersdenkende rigoros verfolgt werden. Es herrscht keine Meinungs- und Pressefreiheit. Verglichen mit China ist die ökonomische Freiheit jedoch groß.

Interessant ist zu erfahren, welche Unterschiede in der Mentalität zwischen Polen und Deutschland, aber auch zwischen Deutschland und Vietnam existieren. 1989 war Polen eines der ärmsten Länder Europas, heruntergewirtschaftet durch jahrzehntelange sozialistische Planwirtschaft. Der ökonomische Aufstieg Polens begann in den 1990er Jahren mit radikalen und schnellen marktwirtschaftlichen Reformen, die eng mit dem Namen des polnischen Ökonomen Leszek Balcerowicz verbunden sind. An verschiedenen Stellen, unter anderem als Finanzminister und Notenbankpräsident, war er der polnische „Ludwig Erhard“, der diese Reformen einleitete und umsetzte. Dazu gehörten eine stabilitätsorientierte Geldpolitik und eine marktwirtschaftliche Wirtschaftspolitik. Im Erhardschen Sinne hatte dies „Wohlstand für alle“ zur Folge. 1989 lag das durchschnittliche Einkommen der Polen im Vergleich zur EU-15 bei weniger als einem Drittel und stieg auf knapp zwei Drittel im Jahr 2015. Wahrscheinlich prägte dieser Aufstieg aus bitterster Armut zu Wohlstand das Bild vieler Polen von der Marktwirtschaft und dem Kapitalismus. Es ist viel positiver als das unsere. Zitelmann erwähnt in seinem Buch eine Allensbach-Umfrage der größten Unterschiede zwischen Polen und Deutschen. Polen haben eine viel positivere Beziehung zu Reichtum und Wohlstand. Während in Deutschland Reichtum überwiegend mit Egoismus, Überheblichkeit und Gier verbunden wird, assoziieren Polen ihn viel weniger mit diesen negativen Begriffen. Polen verbinden Reichtum eher mit Wagemut, Einfallsreichtum und Fleiß, also mit positiv besetzten Attributen.

Ähnlich ist es mit Vietnam. Dort hat der Kapitalismus einen guten Ruf. Man verbindet ihn mit wirtschaftlicher Freiheit, Wohlstand und Leistung. Ich war selbst im Frühjahr in Vietnam und konnte mir vom Aufstiegswillen der Menschen selbst ein Bild machen. Wer einmal in Saigon war und die Tausende von Menschen auf ihren Rollern morgens zur Arbeit fahren sieht, bekommt schnell ein Gefühl dafür, dass der Drang zum wirtschaftlichen Aufstieg und Wohlstand unaufhaltsam ist. Die Grundlage dafür ist eine Kultur der Leistungsbereitschaft und des individuellen Vorankommens.

Zumindest was die ökonomische Entwicklung betrifft, ist es fast schon ein Gegenmodell zu Deutschland. Bei uns dominieren die Bedenkenträger, die zentralplanerischen Ingenieure und die Befürworter des allumfassenden Sozialstaates, der dem Einzelnen sämtliche Entscheidungen des Lebens abnehmen will. Am Ende führt dieser Mentalitätsunterschied zu ökonomischen Ergebnissen, die für uns nicht rosig aussehen: Während wir von der Substanz der Nachkriegsgeneration zehren, steigen andere Gesellschaften auf und kommen voran. Der ökonomische Substanzverzehr ist eine Mahnung und Auftrag zugleich, ökonomische Reformen in Deutschland wieder in den Blick zu nehmen. Dies fängt bei A wie Arbeitsrecht an, das historisch auf den Schutz der Arbeitnehmer zielte, aber inzwischen zum Anbietermarkt verkehrt ist. Und es endet bei Z wie Zentralismus, der subsidiäre Entscheidungen erschwert und individuelle Freiheit untergräbt. Staaten und Volkswirtschaften mit einem hohen Grad an Dezentralität der Entscheidungen, sei es im staatlichen Aufbau oder beim Grad der individuellen Freiheit sind zentralen Planungsbehörden überlegen. Dafür sind Länder wie Polen und Vietnam hervorragendes Anschauungsmaterial. Zitelmanns Buch verdeutlicht, warum es einen Mentalitätswandel in Deutschland braucht, damit wir nicht absteigen. Zitelmann ist als Historiker auch ein exzellenter Kenner des Ökonomen und Moralphilosophen Adam Smith. Der Geburtstag von Adam Smith jährt sich in diesem Monat zum 300. Mal. Schön ist, dass seine Erkenntnisse zeitlos sind: „In der Regel gilt: jeder Erwerbszweig und jede Arbeitsteilung, die für die Allgemeinheit vorteilhaft sind, werden es immer umso mehr sein, je freier und umfassender der Wettbewerb ist.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei Prometheus – Das Freiheitsinstitut

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