Frank Schäffler

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Deutschland fällt zurück

Photo by DAVIDCOHEN on Unsplash

Was haben Estland und Frankreich gemeinsam? Sie sind beide Spitze. Estland im positiven Sinne und Frankreich im negativen. Unter 36 OECD-Staaten nehmen diese beiden Staaten die extremen Positionen auf dem Index der internationalen Steuerwettbewerbsfähigkeit ein, der diese Woche von Tax Foundation und Prometheus – Das Freiheitsinstitut, in den Räumen der Stiftung Familienunternehmen am Brandenburger Tor in Berlin vorgestellt wurde. Zumindest in der Steuerpolitik relativieren sich daher die aktuell in Deutschland verbreitenden Meldungen, Frankreich sei der neue Motor in Europa. Das Gegenteil ist der Fall.

In Europa herrscht ein Nord-Süd-Gefälle der Wettbewerbsfähigkeit der Steuersysteme. Das kennen wir nicht nur in diesem Bereich. Auch in der Eurokrise wurde deutlich, dass sie im Wesentlichen eine Krise mangelnder Wettbewerbsfähigkeit der Südstaaten in Europa war und ist. Neben dem Steuersystem war dies am Arbeitsmarkt und in der Staatstätigkeit zu sehen. Die Folge ist, dass es in einem einheitlichen Währungssystem zu schmerzhaften Anpassungsprozessen oder zur Kollektivierung der Risiken kommt. Letztes findet seit 2010 statt, ohne dass ein Ende in Sicht wäre.

Im Steuerwettbewerbsindex sind neben Frankreich (Platz 36), auch Italien (Platz 34), Portugal (Platz 33) und Griechenland (Platz 30) besonders schlecht positioniert. Dagegen sind sämtliche baltischen Staaten unter den Top 5, gefolgt von Schweden auf Platz 8 und den Niederlanden auf Platz 9.

Deutschland belegt im Index Platz 16. Diesen Mittelplatz verdankt Deutschland insbesondere der Tatsache, dass es bei der Besteuerung von im Ausland erzielten Gewinnen vergleichbar gut dasteht, da es als Exportnation mit 96 Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Und auch bei den Verbrauchsteuern greift der Fiskus im Vergleich zu anderen Staaten moderat zu. Dennoch ist Deutschland insgesamt einen Platz schlechter als zu Beginn der Legislaturperiode. Das liegt im Wesentlichen daran, dass Deutschland im Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer inzwischen abstiegsgefährdet ist. Hier ist Deutschland näher bei Frankreich (Platz 35) als bei Estland (Platz 1 bzw. 2). Deutschland liegt hier jeweils auf Platz 26. Deutschland ist daher im Vergleich mehr Frankreich als Estland.

Schon deshalb ist der Handlungsbedarf groß. Mit einer Steuerquote, also dem Anteil der Steuern an der Wirtschaftskraft des Landes, von  23,6 Prozent hat Deutschland die höchste Quote seit mindestens 20 Jahren. Immer mehr Steuern werden Bürgern und Unternehmen aus der Tasche gezogen. Heute zahlt ein Arbeitnehmer den Spitzensteuersatz, wenn er das 1,3-fache des Durchschnittseinkommens verdient. 1965 war es noch das 15-fache. Daher ist es auch kein Wunder, dass die Steuereinnahmen in den nächsten 5 Jahren noch einmal voraussichtlich um 395 Milliarden Euro ansteigen werden.

Unternehmen werden in Deutschland mit dem fünfthöchsten Steuersatz aller OECD-Staaten besteuert. Und sie benötigen mit durchschnittlich 134 Stunden im Jahr am drittlängsten in der OECD, um die Steuer abzuführen.

Wenn Deutschland als Investitionsstandort steuerlich wieder attraktiv werden soll, dann darf man den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern muss das Steuerrecht vereinfachen und Bürger und Unternehmen entlasten.

Vielleicht sollten wir in Deutschland nach Estland schauen. Das kleine baltische Land ist für Unternehmensinvestitionen nicht nur deshalb so attraktiv, weil der Steuersatz von 20 Prozent besonders niedrig ist, sondern auch, weil dieser nur für ausgeschüttete Gewinne und auch für die persönliche Einkommensteuer gilt. Einbehaltene Gewinne sind hingegen steuerfrei und können für Investitionen genutzt werden. Ein linearer Steuersatz für alle, für Unternehmen und Bürger, vereinfacht das Steuersystem enorm. Leider hat die Komplexität jedoch hierzulande System. Friedrich August von Hayek beschrieb das einmal so: „Es ist wahrscheinlich, dass die gesamte Komplexität der Steuerstruktur, die wir errichtet haben, weitgehend das Resultat der Bemühungen ist, die Bürger dazu zu überreden, der Regierung mehr zu geben, als wozu sie bei voller Faktenkenntnis bereit wären.“

Die Kolumne erschien zuerst auf Prometheus das Freiheitsinstitut.

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