Frank Schäffler

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Die Agenda der Angst-Unternehmer

Greta einerseits und Trump andererseits sind die Antipoden in der globalen Empörungshysterie. Oliver Luksic warnt in seinem neuen Buch „Die Angst-Unternehmer“ vor einem Zeitalter der Extreme. Die expansive Geldpolitik der Notenbanken hat diese Entwicklung mit ausgelöst.

Es scheint sich doch etwas zu regen in diesem Land. Reinhard Müller schreibt im FAZ-Leitartikel in dieser Woche vom „Grünen Notstand“ und setzt zwar verschämt noch ein Fragezeichen hinter die Überschrift, beklagt jedoch schonungslos den grünen Alarmismus und die geschichtsvergessenen Notstandsvergleiche in der Klimadebatte. Er schreibt so richtig: „Wenn schon Widerstand, dann gegen dieses grüne Notstandsdenken.“ In die gleiche Richtung, aber viel breiter angelegt argumentiert Oliver Luksic in seinem gerade erschienen Buch „Die Angst-Unternehmer – Warum die neue Polarisierung unsere offene Gesellschaft gefährdet“ (Verlag wbg Darmstadt, ISBN 978-3-8062-0094-2). Luksic, der als liberaler Abgeordneter im Bundestag wirkt, schreibt in diesem 120-seitigen Essay über das Auseinanderdriften der Gesellschaft und was dagegen zu tun ist. „Greta und Trump stehen stellvertretend für die neuen Angst-Unternehmer, die auf Empörung und Angst setzen.“ Sie seien die Antipoden in der globalen Empörungshysterie. „Der immer stärker moralisierte, alarmistische und unversöhnliche Diskurs in Medien und Politik führt zu einer Spirale der Dauer-Erregung und Polarisierung.“ Seine Sorge ist: „Wenn der Blick auf die rationale Sach-Ebene verloren geht und Mut und Optimismus keine Rolle mehr spielen, droht ein neues Zeitalter der Extreme.“

Diese These trifft ins Schwarze. Denn die Pole im politischen Diskurs nutzen nicht nur die gleiche intolerante Sprache, sondern haben auch die gleichen gesellschaftlichen Wurzeln. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber in der heutigen Zeit muss darauf wieder deutlicher hingewiesen werden. Es war Friedrich August von Hayek, der 1944 in seinem wohl bekanntesten Werk „Der Weg zur Knechtschaft“ die gemeinsamen ideologischen Wurzeln des rechten und des linken politischen Spektrums systematisch herausarbeitete. Das werden weder AfDler noch Grüne gerne über sich hören. Sie sind zwar die jüngsten politischen Parteien in Deutschland, doch mit ihrer Ideologie sind sie die wirklichen Altparteien. Ihre ideologischen und geradezu religiösen Wurzeln gab es schon in der Weimarer Republik.

Die eine Richtung überhöht den Begriff der Nation und des Volkes, die andere den der Natur und Umwelt. Die einen sprechen von „Umvolkung“ und sprechen der Freihandelsidee ihre wohlfahrtsstiftende Wirkung ab. Für sie ist es ein Instrument der liberalen Gesellschaft, den Bevölkerungsaustausch zu vollziehen, den es zu verhindern gelte, um die eigene Identität zu bewahren. Hier schreibt Luksic: „Der eine setzt auf das Vaterland und die andere auf Mutter Natur“. Das, was das rechte Spektrum an Einigelung betreibt, vollzieht das linke Spektrum, und hier insbesondere der grüne Teil, um ihren religiösen Sozialismus durchzusetzen. Zwar sind die Grünen offen für die Migration, jedoch sind viele von ihnen auch skeptisch gegenüber der Freihandelsidee. Sie setzen auf Autarkie, regionale Versorgung und Verzicht. Sie sind die Untergangspropheten, wenn es um das Weltklima geht. Alles muss dieser Frage untergeordnet werden, sogar Notstandsrecht muss dafür herhalten. Sie sind allen Lippen-Bekenntnissen zum Trotz oft fortschrittsfeindlich und setzen auf Verbote statt Innovation. Der Einzelne zählt nicht, sondern nur die Masse, die durch zentrale Planung zur vermeintlichen Wahrheit geführt werden muss – im Zweifel durch Zwang.

Und der Virus der „Angst-Unternehmer“ infiltriert langsam ein ganzes System. Wenn jetzt die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit einem „New Green Deal“ die EU bis zum Jahr 2050 zum „klimaneutralen Kontinent“ machen will, dann erinnert das an die 1930er Jahre. Schon die Begrifflichkeit verklärt die historische Sicht auf den New Deal. Unter Franklin Delano Roosevelt war er nicht die große Erfolgsgeschichte, sondern hat die Weltwirtschaftskrise in den späten 1920er Jahren durch Abschottung und zentrale Fehllenkungen von Kapital sogar noch verlängert. Das erinnert sehr stark an die heutige Situation, wenn es um den Kampf von Links und Rechts gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und neuerdings auch gegen das EU-Mercosur-Abkommen geht. Ganz zu schweigen vom Klimapaket der Regierung, das die Wirtschaft und ihre Prozesse bis ins Kleinste auf über 30 Jahre planen und steuern will.

Doch der Virus der staatlichen Intervention macht inzwischen nicht mehr bei Fiskalpolitik und Ordnungsrecht halt, sondern hat längst die Geldpolitik erreicht. Nicht mehr vorrangig die „Preisstabilität zu gewährleisten“ steht im Fokus der EZB, sondern der Klimawandel wird als Risiko für die Finanzmarktstabilität eingeordnet und so das Mandat der EZB überdehnt. Erst jüngst hat der ehemalige Chefvolkswirt Otmar Issing davor gewarnt. Sollte die EZB ihr Anleihenkaufprogramm auch noch auf grüne Anleihen ausdehnen, dann bekommt die Manipulation des Zinses auch noch einen pseudoreligiösen Anstrich. Das sieht auch Oliver Luksic so. „Wer die EZB zwingen will, grüne Anleihen zu kaufen, wird nicht nur die EZB in weitere Rechtfertigungszwänge treiben, sondern auch das gesamte Finanzsystem weiter destabilisieren.“

Doch die wachsenden Interventionen der Notenbanken sind nicht so sehr die Folge des zunehmenden Populismus, wie Luksic meint, sondern vielmehr eine wesentliche Ursache. Erst die wiederholte expansive Geldpolitik der Notenbanken, die zur Konjunkturpolitik verkommen ist, hat diese Entwicklung ausgelöst. Sie hat Risiko und Haftung des kapitalistischen Wirtschaftssystems außer Kraft gesetzt und Blasen an den Märkten für Vermögensgütern wie Immobilien und Aktien und die „Schuldenüberhänge“ am Anleihenmarkt geschaffen. Dies nennt Luksic mit Recht einen „Pumpkapitalismus“. Denn das Platzen der Blasen, also die Korrektur zum Normalen hin, wurde und wird durch die anschließende Intervention der Regierungen und der Notenbanken weltweit fortwährend verhindert. Die Blase wird dadurch immer größer und die anschließende Anpassung umso schwieriger zu bewerkstelligen. Durch den Pumpkapitalismus wurden und werden zwar Banken und Investoren gerettet, deren Eigentümer und Gläubiger eigentlich hätten haften müssen. Dieses Durchbrechen des Ordnungsprinzips der Marktwirtschaft war und ist aber ein Nährboden für die Populisten von Links und Rechts. Die geflügelten Worte dafür sind: Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert.

Die Folgen des Pumpkapitalismus sieht Luksic genauso. Die Agenda der Angst-Unternehmer spalte und mache die Gesellschaft unfrei. „In der Welt der ständigen Vernetzung und Gleichzeitig sind Hassprediger und Angst-Unternehmer von rechts und links eine Gefahr. Aber auch die Empörten und Beleidigten tragen zur ständigen Spirale der Polarisierung bei, was die offene und freie Gesellschaft im Kern gefährdet, da so Diskurs und Kompromiss verunmöglicht werden.“ Und daraus folgert er: „Wer mit kreditfinanzierten Versprechungen den Populismus bekämpfen will, der treibt den Teufel mit dem Belzebub aus und gefährdet am Ende die Demokratie.“ Er plädiert für eine Stärkung der liberalen Demokratie und für einen funktionierenden Kapitalismus, der auf Realismus und Optimismus fußt. Dieser lebe von Ambivalenz und Pluralität, von komplexen Prozessen und Kompromissen anstelle von moralisierendem Schwarz-Weiß-Denken oder der ökologisch-sozialistischen Transformation. Es mag für den einen oder anderen altmodisch klingen, aber seine Antwort ist diejenige die auch einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, Benjamin Franklin, in einem Satz zum Ausdruck gebracht hat: „Diejenigen, die wesentliche Freiheit aufgeben, um ein wenig Sicherheit für den Augenblick zu erhalten, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.“

Die Kolumne erschien zuerst bei Tichys Einblick.

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