Frank Schäffler

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Die Alternative: In der Sonne liegen

(Foto: Michael VadonUnited States Gold Bullion Depository Fort Knox Kentucky (CC BY-SA 2.0) auf Flickr)

Schon einmal hat ein US-Präsident durch unilaterales Handeln die Welt grundlegend verändert. Gestern vor 47 Jahren, am 15. August 1971, kündigte der damalige US-Präsident Richard Nixon in einer Fernsehansprache die Einlösepflicht von Dollar-Reserven anderer Notenbanken in Gold durch die US-Notenbank Fed auf. Die Kosten des Vietnamkrieges wuchsen Amerika über die Ohren. Wie immer in der Währungsgeschichte wurde dies durch eine Inflationierung der Geldmenge finanziert. Letztlich wurde der Vietnamkrieg also durch die Teilnehmer am Bretton-Woods-Abkommen bezahlt, die ihre Dollar-Reserven nicht mehr in Gold einlösen konnten. Seitdem gibt es keinen Anker mehr: Die Notenbanken steuern die Geldmenge ihres Währungsraumes nach eigenen Regeln. Letztlich beruhen Währungen heute nur noch auf dem Vertrauen in die Politik der Notenbanken und die Politik der jeweiligen Regierungen. Dass dieses Vertrauen schnell schwinden kann sieht man dieser Tage in der Türkei.

Bis zu Nixons Fernsehansprache galt die Nachkriegsgeldordnung, die zum Ende des 2. Weltkrieges im amerikanischen Bretton Woods beschlossen wurde. Darin sicherten die USA allen teilnehmenden Staaten zu, Dollar-Reserven anderer Notenbanken jederzeit in Gold einzulösen. Als Kurs wurden 35 Dollar je Feinunze Gold festgelegt. Nach heutigem Kurs entspricht dies rund 1180 Dollar je Feinunze Gold, dem 34-fachen Wert. Oder anders ausgedrückt: Der Dollar hat seit der Festlegung im Jahr 1944 97 Prozent seines Wertes eingebüßt. Anderen Währungen ging es nicht wesentlich besser. Die Deutsche Mark hat bis zu ihrer Aufgabe 1999 rund 85 Prozent ihres Wertes verloren.

Das heutige Teilreservesystem, bei dem Geld fast nur durch Kreditvergabe der Banken produziert wird und die Notenbanken dies indirekt durch geldpolitische Maßnahmen wie der Festlegung eines Mindestreservesatzes, eines Leitzinses und anderer Maßnahmen steuern, sollte eigentlich Vertrauen schaffen. Die Folge ist jedoch ein sehr fragiles Währungssystem, das zu einem massiven Anstieg der Verschuldung geführt hat. Allein in den letzten 10 Jahren sind die weltweiten Schulden von 178 Billionen US-Dollar auf 247 Billionen US-Dollar (+39 Prozent) angestiegen. Die Welt ist mit 318 Prozent zur weltweiten Wirtschaftsleistung verschuldet. In der gleichen Zeit ist jedoch die weltweite Wirtschaftsleistung lediglich um 25 Prozent gestiegen und beträgt heute 80 Billionen US-Dollar. Mit immer mehr neuen Schulden wurde also relativ gesehen ein geringeres Wirtschaftswachstum finanziert.

Die Aufkündigung des Bretton-Woods-Abkommens hat auch einen Wettlauf der Währungsräume zur Folge. Jede Seite wirft der anderen eine Manipulation der Währung vor. Donald Trump hat dies jüngst getan. „China, die EU und andere manipulieren ihre Währungen und Zinsen nach unten“. „Wie üblich“ habe es sein Land mit „ungleichen Wettbewerbsbedingungen“ zu tun, schrieb Trump auf Twitter. Das ist richtig und falsch zugleich. Richtig ist, dass die EZB den Zins in der Eurozone manipuliert. Der Leitzins ist seit langem bei Null und die EZB kauft seit geraumer Zeit Anleihen von Staaten und Unternehmen in einer Größenordnung von bald 2.500 Milliarden Euro. Damit sorgt sie dafür, dass die Finanzierungskosten von Staaten und Unternehmen in der Eurozone niedrig bleiben. Gleichzeitig wird aber dadurch auch der Außenwert des Euro zu anderen Währungen tendenziell reduziert und damit der Export von Waren, zum Beispiel nach Amerika, preiswerter. Dennoch ist der Vorwurf von Donald Trump auch falsch, weil er verlogen ist. Mindestens seit 1971 manipuliert die Fed den Wert ihrer Währung. 10 Jahre nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers hat die US-Notenbank immer noch Anleihen im Wert von umgerechnet 3.300 Milliarden Euro in ihrer Bilanz. Die Fed hat in der jüngsten Finanzkrise lediglich, früher als die EZB, angefangen Anleihen zu kaufen und den Leitzins auf Null zu senken. Mit der Einleitung einer leichten Zinswende in den USA kommt jetzt die Anfälligkeit des gesamten Währungssystems wieder zum Vorschein. Die Leitzinserhöhungen der Fed auf 2 Prozentpunkte und die Ankündigung von zwei weiteren Zinsschritten in diesem Jahr auf dann 2,5 Prozentpunkten sind der Versuch, langsam Luft aus der Geldblase zu lassen.

Wird die Luft aus der Blase gelassen, entweicht sie aber zuerst in der Peripherie, da Investoren ihre Gelder aus dem für sie unsicheren Schwellenländer abziehen, um sie in den vermeintlich sicheren Hafen zu bringen. So entsteht ein Abwertungsdruck auf die Landeswährung gegenüber dem Dollar und anderen Währungen. Die Folge ist, dass die Länder mit einer massiven Erhöhung ihres Leitzinses reagieren, um die Kapitalflucht zu stoppen. Die Türkei hat inzwischen ihren auf 17,75 Prozentpunkte angehoben, scheut aber weitere Zinsschritte. In der Folge erhöhen sich mittelbar die Finanzierungskosten im eigenen Land, und damit können Investitionen schwerer mit neuen Schulden finanziert werden. Gleichzeitig geraten gesunde Unternehmen, wenn sie in Dollar verschuldet sind, in immer größere Finanzierungsschwierigkeiten, weil sie immer mehr türkische Lira aufwenden müssen, um die Dollarschulden zu bedienen. Wenn in dieser Situation die falschen politischen und wirtschaftlichen Weichen gestellt werden, wie aktuell in der Türkei, dann finden Anpassungsprozesse meist abrupt statt. Staaten, Banken und Unternehmen werden zahlungsunfähig und die eigene Währung kollabiert. Am Bosporus stehen wir kurz davor.

Das einseitige Handeln von Präsident Nixon vor 47 Jahren hat die Grundlage für heutige Schuldenwirtschaft und die daraus folgenden Blasen  gelegt, die jetzt wieder zu platzen drohen. Und wieder zeigt die Entwicklung, dass die von den Zentralbanken manipulierten Zinsen Investitionen anregen, die nur scheinbar gute Renditen abwerfen. In Wirklichkeit wird etwas produziert, für das wir keine Verwendung haben. Millionen von Arbeitsstunden werden verschwendet – Millionen von Arbeitsstunden, die abgeleistet werden, ohne dass am Ende ein bleibendes Werk entsteht. Es macht keinen Unterschied, ob Sie für Blasen arbeiten oder in der Sonne liegen. Doch die falsche Geldpolitik sorgt dafür, dass Sie Überstunden machen, statt sich zu bräunen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Tichys Einblick.

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