Frank Schäffler

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„Die Realität wird Herrn Habeck einholen“

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler gab dem Cicero folgendes Interview:

Herr Schäffler, Wirtschaftsminister Robert Habeck will am Atomausstieg zum Jahresende festhalten, aber zwei Kernkraftwerke ab Januar in Reservebereitschaft halten. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie gestern Abend von dieser Idee hörten?

Dass es nichts bringt. Denn wir brauchen mehr Kapazitäten auf der Angebotsseite. Wenn man die Kernkraftwerke nur in Reserve hält, hat das wenig Nutzen, denn es bringt nichts beim Strompreis. Robert Habeck wollte wohl etwas präsentieren, das die grüne Basis noch akzeptieren würde. Aber sinnvoll ist es nicht.

Weil es jetzt Kosten dämpfende Signale braucht?

Ja, natürlich. Das ist das Ziel. Aber der Gaspreis ist nach Habecks Ankündigung nicht runter-, sondern hochgegangen. Das heißt: Auch der Markt glaubt nicht, dass seine Aktion etwas bringt.

Er begründete die Atomkraftreserve mit der Netzstabilität, also der Sicherheit unserer Stromversorgung im kommenden Winter. Nicht damit, dass sie Preise senken soll.

Ein Wirtschaftsminister muss sich nicht nur um die Versorgungssicherheit Gedanken machen, sondern auch um die Bezahlbarkeit des Stroms. Wenn jetzt grundlastfähige Kernkraftwerke ohne Grund vom Netz genommen werden, dann trägt das dazu bei, dass die Strompreise weiter steigen.

Habeck müsste dafür sorgen, dass nicht nur die letzten drei Kernkraftwerke weiterbetrieben werden, sondern er müsste auch die Grundlage dafür schaffen, dass die im vergangenen Jahr abgeschalteten drei Kernkraftwerke wieder ans Netz kommen. Dazu müssen Brennstäbe bestellt werden, damit wir nicht nur über diesen Winter kommen, sondern auch darüber hinaus. Wir müssen die Grundlage dafür schaffen, dass mehr Angebot auf den Strommarkt kommt.

Das wäre eine echte Laufzeitverlängerung, kein Streckbetrieb über wenige Monate. Bei den Grünen ist das bislang ein absolutes Tabu.

Natürlich ist das für eine solche Partei keine einfache Sache. Aber es geht darum, wie die Menschen ihre Strom- und Gasrechnung bezahlen können. Darum dreht es sich jetzt. Da muss man ideologische Scheuklappen überwinden. Und das haben die Grünen ja richtigerweise schon bei der Ertüchtigung der Bundeswehr gemacht. Jetzt müssen sie auch hier die Realität anerkennen.

Die Energiepreise treiben die Inflation zusätzlich an, wir werden im Herbst zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten Inflationsraten von über zehn Prozent erleben. Das hat auf viele Unternehmen, aber auch auf viele Familien ganz einschneidende Wirkungen. Das führt zu noch ganz anderen Diskussionen in Deutschland, wenn wir jetzt nicht die richtigen Konsequenzen ziehen.

Aber Habeck spielt auf Zeit. Rechnen Sie damit, dass es seiner Partei noch rechtzeitig gelingen wird, die Scheuklappen abzulegen?

Ich bin mir sehr sicher, dass die Realität die Grünen und vor allem auch Herrn Habeck einholen wird. Aus meiner Sicht hat er das ganze Thema inhaltlich noch nicht richtig durchdrungen. Er braucht immer eine gewisse Zeit, bis er die Dinge versteht. Noch im Juli hat er gesagt, es gäbe kein Stromproblem. Obwohl die Systematik des Strommarkts einem Wirtschaftsminister eigentlich bekannt sein müsste. Nach dem Merit-Order-Prinzip bestimmen die teuersten Gaskraftwerke den Strompreis. Daher zeigt mir eine solche Aussage, dass er nicht immer sattelfest ist.

Was tut denn Ihre Partei, die FDP, um die Laufzeitverlängerung durchzusetzen? Christian Lindner hat lange gezögert.

Die FDP hat bereits auf ihrem Bundesparteitag Anfang Mai, ihre Beschlusslage fundamental verändert. Wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht nur einen Weiterbetrieb von Kernkraftwerken wollen, sondern dass wir auch die Erforschung der Kerntechnik weiter forcieren wollen. Jetzt hat am Montag der Vorstand noch mal nachgelegt. Zu glauben, dass wir rein mit regenerativen Energien unsere Energieversorgung als Industrieland sichern können, war in weiten Teilen unserer Gesellschaft eine große Illusion.

Eine Illusion, die aber auch von Ihrer Parteispitze nach wie vor aufrechterhalten wird. Indem Windkraft und Photovoltaik als „Freiheitsenergien“ verklärt werden, die uns angeblich unabhängig von Putins Gas machen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.

Ja, auch da muss sich meine Partei sicherlich noch bewegen. Ich glaube, wir brauchen wieder grundlastfähige Kraftwerke. Und da Kohle es nicht sein soll und Gas knapp ist, kann es nur Kernkraft sein. Deutschland hat 2019 noch knapp 40 Prozent seiner Grundlast über Kernkraftwerke abgesichert. Heute sind es noch sechs Prozent. Daran sieht man, dass es ein selbst verschuldetes Dilemma ist, in dem wir jetzt stecken.

Also war der Atomausstieg, rückblickend betrachtet, ein verhängnisvoller Fehler?

Natürlich war das ein Fehler. Nicht nur rückblickend. Ich das schon damals, 2011, kritisiert und im Bundestag dagegen gestimmt. Nach der schrecklichen Katastrophe von Fukushima hat das die Merkel-Regierung im Affekt entschieden und dann im Schweinsgalopp durchgesetzt. Man sollte nie aufgrund von Emotionen kurzfristig solche weitreichenden Entscheidungen treffen. Das ist immer schlecht.

Was wird denn die FDP jetzt unternehmen, wenn sich die Grünen weiterhin gegen eine richtige Laufzeitverlängerung sträuben?

Wir werden innerhalb der Koalition weiter Druck ausüben. Wir werden den Finger in die Wunde legen und deutlich machen, dass sich die Grünen in dieser Frage bewegen müssen. Und ich bin ganz sicher, dass das auch geschehen wird.

Die FDP-Fraktion hätte ein wirkungsvolles Druckmittel: Im Bundestag gibt es schon jetzt eine Mehrheit für die Laufzeitverlängerung. Die könnten Sie nutzen.

Wir sind in einer Koalition und haben einen Koalitionsvertrag, an den wir uns gebunden fühlen. Aber dieser Koalitionsvertrag muss natürlich immer wieder an die Realität angepasst werden. Deshalb ist der Wille da, diese Fragen innerhalb der Koalition zu regeln. Ansonsten wäre eine Regierung nicht regierungsfähig.

Richtig. Es wäre wahrscheinlich der Koalitionsbruch. Aber genau darauf zielte meine Frage.

Nein. Also die Frage würde ich sagen, stellt sich aktuell nicht, denn die Grünen bewegen sich ja schon. Sie bewegen sich nur nicht schnell genug. Und da wollen wir noch ein bisschen Druck ausüben. Ich bin mir sehr sicher, dass die Entwicklungen im Herbst und dann auch im Winter die Grünen zum Umdenken zwingen werden.

Naja. Es gibt bei den Grünen prägende Kräfte, die hohe Energiepreise und Energieknappheit wollen, um Bürger und Firmen zum Sparen zu zwingen.

Diese Idee ist in Teilen der Partei sicherlich vorhanden. Aber dem regierenden Teil der Grünen ist das jetzt auch nicht mehr geheuer. Denn sie sehen den sozialen Sprengstoff, der die Gesellschaft zerreißt. Wenn sich die Erdgaspreise verzehnfachen und die Strompreise verzigfachen, dann kann keiner dagegen ansparen. Kein Unternehmen, kein Privathaushalt. Dann zieht das denen die Füße weg.

 

Das Gespräch führte Daniel Gräber.

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