Wie aus einer Kleinen Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hervorgeht, haben die Mitarbeiter der Finanzaufsichtsbehörde BaFin im ersten Halbjahr 2020 mehr Wertpapiergeschäfte getätigt als im gesamten vorherigen Jahr. „Der massive Anstieg im ersten halben Jahr 2020 kann nur bedeuten, dass die Bafin-Mitarbeiter kurzfristig selbst mit Wirecard-Aktien gezockt haben oder es in 2019 nicht gemeldet haben. Beides wäre eine Skandal, vor allem da kein Geschäft eines Mitarbeiters verwehrt wurde“, so der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler. Die Vermutung Schäfflers wird durch die Vielzahl von Wirecard-Geschäften gestützt, die im ersten Halbjahr abgeschlossen wurden. Mit 196 Geschäften war auch diese Zahl höher als im gesamten Vorjahr. Besonders auffällig, im Mai und Juni wurden 142 von den 196 Geschäften mit Wirecard-Bezug abgewickelt. Das entspricht einem Anteil von gut 70 Prozent.
Auffällig ist auch der häufige Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten, die im ersten Halbjahr 2020 zum Einsatz kamen. Mit solchen Instrumenten kann man unter anderem auch auf fallende Kurse eines Unternehmens setzen oder ein bestehendes Aktienengagement gegen Verluste absichern. Mit 77 Transaktionen hatten sie einen Anteil von rund 40 Prozent an den privaten Wirecard-Trades. Im Vorjahr lag der Anteil erst bei 16 Prozent. Insbesondere in den beiden kritischen Monaten Mai und Juni nutzte eine kleine Anzahl an Mitarbeitern diese Derivategeschäfte bei Wirecard sehr häufig: Von den 142 für Mai und Juni gemeldeten privaten Wirecard-Geschäften entfiel rund die Hälfte – insgesamt 68 – auf derivative Instrumente.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz plant nun eine Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes, das ein weitreichendes Verbot privater Finanzgeschäfte für Bafin-Mitarbeiter vorsehen soll. Aus Sicht des FDP-Bundestagsabgeordneten Schäffler hat sich die Regierung damit viel zu viel Zeit gelassen: „Olaf Scholz muss sich fragen, wieso er erst jetzt rechtliche Konsequenzen ziehen will. Immerhin sind die verstärkten Finanzgeschäfte der Bafin-Mitarbeiter im Grundsatz seit Monaten bekannt.“ Länder wie die Schweiz, Großbritannien oder die USA sind in der Regulierung privater Geschäfte von Aufsichts-Mitarbeitern um einiges strenger. Diese Kritik muss die BaFin und Olaf Scholz aushalten.
In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage heißt es jetzt: Für private Finanzgeschäfte mit Wirecard-Bezug, die in den Jahren 2018, 2019 und im ersten Halbjahr 2020 von den Bafin-Beschäftigten angezeigt wurden, sei „eine Sonderauswertung eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen ist“. Schäffler sieht das späte Handeln als Bestätigung dafür, dass die BaFin ein Problem mit der eigenen Governance hat: „Die Sonderauswertung zeigt, dass die BaFin-Führung inzwischen die Dimension des Vorgangs erkannt hat und vorsichtig geworden ist, einen Verstoß einzelner Mitarbeiter auszuschließen. Doch vielmehr unterstreicht die Sonderauswertung die schlechte Führung in den vergangenen Jahren.“
Die vollständige Kleine Anfrage sowie die Antwort der Bundesregierung können Sie hier einsehen: Antwort – Private Finanzgeschäfte BaFin Wirecard