Rede von Frank Schäffler MdB zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2341 über die Tätigkeit und Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV), Drucksache 19/4673, Top 16
Sehr geehrter Herr Präsident / sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
mit diesem Gesetzentwurf hat die Bundesregierung ihren Spielraum nicht genutzt. Die Richtlinie sieht eine Mindestharmonisierung vor, doch die Regierung bereitet den Boden für eine Vollharmonisierung vor. Dabei geht schon die Richtlinie an sich in die falsche Richtung. Sie harmonisiert etwas, was nicht harmonisiert werden muss.
Derzeit gibt es über 100.000 Versorgungseinrichtungen in der EU. Lediglich 78 davon sind grenzüberschreitende EbAVs. Mit dem Brexit wird wahrscheinlich die Hälfte davon verschwinden. Denn der Ursprung der 2003 beschlossenen EbAV-Richtlinie ist in Großbritannien zu suchen, wo es grenzüberschreitende Versorgungseinrichtungen mit Irland gibt. Nur einige dutzend Einrichtungen außerhalb der britischen Inseln wurden seit 2003 gegründet.
Generell muss daher gefragt werden: ist die Richtung der Richtlinie überhaupt sinnvoll? Das uns bekannte System der betrieblichen Altersvorsorge gibt es lediglich in den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Irland und Deutschland. Jedes dieser Länder hat eng an das Arbeits- und Steuerrecht eigene Ausprägungen. Alle diese sind von Land zu Land unterschiedlich. Selbst in Deutschland gibt es zahlreiche Durchführungswege. Über Jahrzehnte wurden diese Durchführungswege auch rechtlich immer stärker weiterentwickelt und dadurch auch insgesamt komplizierter.
Ist es wirklich notwendig, grenzüberschreitende Versorgungseinrichtungen zu schaffen und es damit noch komplizierter zu machen? Gerade dann, wenn in einem Großteil des gemeinsamen Marktes gar keine betriebliche Altersvorsorge existiert?
Es ist zu befürchten, dass dann die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA bald ihre klebrigen Finger auf die vielen kleinen Versorgungseinrichtungen in Deutschland richtet. Das muss verhindert werden, wenn wir wollen, dass diese Versorgungseinrichtungen nicht auch noch durch Bürokratie in ihrer Existenz gefährdet werden. Schon jetzt ächzen viele Pensionskassen unter der Nullzinspolitik der EZB. Kommt jetzt noch das Bürokratiemonster Solvency II auf die Pensionskassen zu, dann werden viele auf der Strecke bleiben. Wer dies sehenden Auges zulässt, gefährdet die Renten von Millionen Arbeitnehmern, die auf ihre betriebliche Altersvorsorge vertraut haben.
Den Gesetzentwurf müssen wir daher nutzen, um EIOPA, die bislang ohne ausreichende Rechtsgrundlage Richtlinien für die bAVs erlässt, einzuhegen. Derzeit schießt die Behörde mit einer Schrotflinte auf Spatzen. Wollen wir wirklich, dass Solvency II, mit geschätzten 5.000 Seiten Leitlinien, auch auf die kleinen Versorgungseinrichtungen in Deutschland angewandt wird?
Das gilt es zu verhindern.
Vielen Dank, für Ihre Aufmerksamkeit.