Frank Schäffler

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Tichys Einblick: Die fetten Fische aus Frankfurt

Foto: Biodiversity Heritage Library. Biodiversity Heritage Library  (CC BY 2.0) bei Flickr

Es soll Bankvorstände geben, die nicht wissen, wie Geld entsteht. Sie glauben, ihre Bank würde nur Kredite vergeben können, die sie zuvor als Einlagen von ihren Kunden erhalten haben. Sie müssten also mehr Einlagen einwerben, um im Kreditgeschäft wachsen zu können. Die Bank sei nur eine Art Vermittler zwischen Sparer und Kreditnehmer und lebe letztlich von den unterschiedlichen Zinsen für Guthaben und Kredite. Nichts ist abwegiger! Diesen Bankvorständen kann man als Lektüre den aktuellen Monatsbericht der Deutschen Bundesbank empfehlen. Denn Weiterbildung am Feierabend sollte auch für die leitenden Mitarbeiter einer Bank selbstverständlich sein. Auf 21 Seiten erklären die Bundesbanker „die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbanken im Geldschöpfungsprozess“.  In diesem etwas trockenen Text erfahren sie dann, dass über 90 Prozent der in Umlauf befindlichen Geldmenge kein Bargeld ist, sondern Buchgeld, das überwiegend durch Kreditvergabe der Banken geschaffen wurde und auf den Konten der Marktteilnehmer herumliegt. Es ist Geld, das aus dem Nichts geschaffen wurde und das vorher nicht als Einlagen vorhanden war. Es ist neues Geld.

Eigentlich könnte in diesem System eine Bank unbegrenzt neues Geld „herstellen“, indem sie auf den Knopf drückt und neue Kredite vergibt. Was sie daran hindert, sind Bilanzregeln, Kreditvergaberegeln, Leitzinsen der Notenbanken und viele weitere Regulierungen und Anreize des Staates. Hinzu kommt die Aufsicht des Staates über den Finanzsektor. Zahlreiche Institutionen von der Deutschen Bundesbank über die BaFin bis hin zur Europäischen Zentralbank kümmern sich um die Einhaltung dieses Regelwerkes im Hinblick auf das jeweilige einzelne Institut, wie auch auf die Risiken für das Finanzsystem insgesamt. Wahrscheinlich gibt es keinen Wirtschaftszweig, der so stark reguliert und überwacht ist, wie der Bankensektor und dennoch ist er, wie kein anderer Sektor, so sehr verantwortlich für immer wiederkehrende Wirtschaftskrisen. Deshalb wird das Netz der Überwachung und Regulierung immer enger geflochten.

Das Kernproblem ist das Erkaufen von Wirtschaftswachstum durch immer mehr Kredit und damit Geld aus dem Nichts. In dieser Welt ist das Wachstum an Krediten der Indikator für das Wachstum der Wirtschaft. Doch beides verläuft nicht in gleichen Schritten. Es bedarf immer mehr Kredit und damit Geld, um Wachstum anzuregen. Zwischen der Einführung des Euros 1999 bis zum Ausbruch der Krise 2007 stieg die Geldmenge in der Eurozone um über 8 Prozent pro Jahr. Das reale Bruttoinlandsprodukt stieg in der gleichen Zeit um rund 2 Prozent.  Heute steigt die Geldmenge im Euro-Raum zwar mit 5 Prozent etwas langsamer, dennoch ist es wesentlich höher, als das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone. Die Schwäche heute liegt jedoch an der Übertreibung von gestern. Die expansive Kreditausweitung vor 2007 erzeugte einen Boom auf den alle aufsprangen. In der Spitze führte sie jedoch zu Zahlungsausfällen von Unternehmen, die ihre Projekte mangels Nachfrage nicht mehr zu Ende führen konnten. Mit den Zahlungsausfällen der Unternehmen folgten Insolvenzen von Banken und selbst Staaten in Südeuropa drohte dies, wenn nicht die EZB und der Euro-Club mit Milliardensummen eingegriffen hätten.

Die Ursache für das geringere Geldwachstum heute, liegt also an der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der Eurozone seit 2007/2008. Banken, insbesondere in Südeuropa vergeben seitdem nicht mehr so viele Kredite wie zuvor. Sie sind vorsichtig geworden, weil die Krise 2007/2008 nicht ausgestanden ist. Viele der ausgereichten Kredite sind heute notleidend und können von den Kreditnehmern nicht mehr bedient werden. In Italien, Griechenland, Zypern, Portugal ist es besonders schlimm.

Es ist wie in einem Fischteich. Die EZB kümmert sich als Fischer um den Teich. Sie füttert die Fische mal mehr und mal weniger. Muss der Fischbesatz wachsen, dann füttert sie mehr. Hilft das nicht schnell genug, wirft sie Anabolika und andere wachstumsfördernde Stoffe hinein. Irgendwann stellt sie fest, dass die Fische immer größer und fetter werden. Der Hunger der Fische wird immer größer. Sie fressen alles kurz und klein, was sonst noch im Teich kreucht und fleucht. Immer stärker muss der EZB-Fischer eingreifen, um das ins Wanken geratene Ökosystem des Tümpels aufrecht zu erhalten.

Zur Regulierung dieses Fischteichs schlägt die Bundesbank in ihrem aktuellen Bericht vor, dass der Fischteich noch stärker und besser überwacht werden muss. Es sollen Ober- und Unterfischer eingestellt werden. Die Fischereiaufsicht soll aufgestockt und neue Kompetenzen bekommen. Alle Teichbesitzer in Europa und in der Welt sollen sich besser über die Fütterungspläne austauschen. Sie nennt das makroprudentielle Aufsicht. Und sie schlägt vor, dass die einzelnen Fische sich gesünder ernähren müssen. Mindestens ein Veggie-Day pro Monat soll helfen, die Fettsucht der Fische zu verhindern. Nicht mehr so viel Anabolika zum Muskelaufbau, sondern eine Mindestquote gesunder Ernährung müsse schon sein. Also nicht mehr 3 oder 4 Prozent, sondern vielleicht 10 Prozent Ökobratlinge und Fleischersatz sind notwendig um das Überleben der Fische zu sichern. Ob das hilft?

Etwas schnell, verwirft die Deutsche Bundesbank mögliche Alternativen. Die Einführung von Vollgeld, also die alleinige Geldschöpfung in die Hand der Notenbanken zu legen, verwirft sie mit dem Argument, dass damit die Schaffung von Liquidität durch die Banken eingeschränkt würde. Doch genau darum geht es ja. Andere Alternativen diskutiert die Bundesbank erst gar nicht. Man muss ja nicht beim Vollgeld hängen bleiben, das durch seine staatliche Inthronisation bereits eine Urschwäche in sich birgt. Denn ein solches System könnte jederzeit wieder durch einen staatlichen Akt zurückgedreht werden. Die eigentliche Schwäche ist das Monopol, das die Bundesbank gemeinsam mit der EZB ausübt. Dieses Geldmonopol produziert immer wiederkehrende und immer größere Probleme durch die Kreditausweitung aus dem Nichts. Der Staat maßt sich hier ein Wissen über die Geldversorgung und die wirtschaftliche Entwicklung an, das er nicht hat und nicht haben kann. In einer Marktwirtschaft sorgt deshalb der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren dafür, dass einzelne Marktteilnehmer durch Versuch und Irrtum im Kleinen sich den Anforderungen des Marktes annähern. In einem solchen System würde Geldwettbewerb herrschen. Dort würden auch Insolvenzen von Staaten und Banken eintreten, sie würden aber nicht ein ganzes Finanzsystem in den Abgrund stürzen. Oder um es mit dem Bild des Fischteiches zu sagen: der gesamte Fischteich könnte nicht umkippen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Tichys Einblick.

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