Frank Schäffler

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„Wir sind keine Abnicktruppe“

Frank Schäffler gab dem FOCUS folgendes Interview. Die Fragen stellte Antje Hildebrandt

Herr Schäffler, nach der jüngsten Schlappe der FDP bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern twitterten Sie, die Ampel hänge wie ein Mühlstein am Hals der FDP. Hat sich Ihre Fraktion innerlich nicht schon längst aus der Koalition verabschiedet?

Nein, aber wir gewinnen keine Wahlen, wir verlieren sie. In einem Landtag sind wir ganz knapp reingekommen, im anderen abgeschmiert. Deshalb müssen wir über unseren Kurs nachdenken.

Mühlstein um den Hals, das klingt, als seien Ihre Koalitionspartner daran Schuld, dass die FDP mit ihren Themen nicht punkten kann. Machen Sie es sich da nicht zu einfach?

Am Ende sind wir für den Erfolg selbst verantwortlich.  Aber wir werden in der Koalition für die Fehler der anderen mithaftbar gemacht, und das dürfen wir nicht länger zulassen.

Was war denn der größte Fehler?

Unsere Energiepolitik. Die ist im Wesentlichen vom grünen Koalitionspartner geprägt. Aber sie bringt nichts. Wir schalten Atomkraftwerke ab und Kohlekraftwerke wieder an. Auch der Entwurf fürs Heizungsgesetz war einfach schlecht. Wir müssen das hinterher wieder mühsam korrigieren. Das ist aus meiner Sicht das Hauptproblem. Die grünen Minister müssen besser arbeiten.

Sie klingen entnervt. Sehen Sie nach zwei Jahren gemeinsamen Regierens überhaupt noch Gemeinsamkeiten?

(lange Pause). Jaaa, es gibt immer Schnittmengen.

Welche?

Dass wir die Schuldenbremse einhalten und wieder zurückgehen zu soliden Staatsfinanzen.

Tatsächlich? Beim Klimagipfel des Bundesverbands der Industrie (BDI) hat Robert Habeck gerade wiederholt, dass er die Schuldenbremse aushebeln will, um mehr Geld in die Klima- und Energiepolitik zu investieren.

Aber im Koalitionsvertrag ist die Schuldenbremse vereinbart. Wenn das nicht so wäre, wäre die Grundlage für diese Koalition beendet.

Heißt das im Umkehrschluss: Fällt die Schuldenbremse, steigt die FDP aus der Koalition aus?

Die Schuldenbremse ist nicht verhandelbar. Sie ist notwendig, um zu soliden Staatsfinanzen zurückzukehren und die Inflation einzudämmen. Wer sie in Frage stellt, stellt die Koalition in Frage. Unsere Aufgabe ist es, diese Koalition in die Mitte zu führen (Hinweis: geändert) und wirtschaftliche Vernunft gelten zu lassen. Das ist aber schwierig, weil wir von links und von rechts in die Zange genommen werden.

Inwiefern macht Ihnen die AfD denn Druck?

Am Ende müssen wir immer auch Kompromisse eingehen wie beim Heizungsgesetz, auch wenn es im Vergleich zum Ursprungsentwurf ein großer Fortschritt war. Aber wir fangen damit nicht diejenigen ein, die sagen, wir brauchen gar kein neues Heizungsgesetz.

Für die Koalitionspartner sind Sie der Bremser, für die Opposition der Steigbügelhalter für Rot-Grün. Wie kommen Sie aus diesem Dilemma wieder heraus?

Wir sind weder Steigbügelhalter noch Verhinderer. Wir müssen schauen, dass wir als FDP sichtbar bleiben und unsere Themen nach vorne bringen. Die sind identisch mit dem, was eine Mehrheit will. Wohlstand sichern und erhalten und dieses Land fit für die Zukunft zu machen.

Aber damit gewinnen Sie keine Wahlen. Woran liegt das?

Weil das Flüchtlingsthema alles überlagert: die Wohnungsnot, die Sozialkosten, das Bildungssystem. Deshalb muss man dieses eine Problem zuerst lösen und die Zahlen reduzieren – und das möglichst schnell.

Ihr Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat die Grünen als „Sicherheitsrisiko“ bezeichnet, weil sie sich weigerten, beim EU-Asylkompromiss noch mehr Abstriche bei den Menschenrechten zu machen. Erst nach dem Kanzler-Machtwort haben die Grünen nachgegeben.  Wäre die Zusammenarbeit in der Koalition leichter, wenn Olaf Scholz häufiger auf den Tisch hauen würde?

Ja, absolut. Auch zur staatlichen Unterstützung der Seenotrettung hat er sich ja jetzt ablehnend geäußert. Ich würde mir wünschen, dass der Kanzler auch in der Migrationsfrage stärker Position beziehen würde. Hier wäre es notwendig, wenn der Kanzler aktiv auf den Oppositionsführer Friedrich Merz zugehen würde, um die Eindämmung der illegalen Migration gemeinsam anzugehen. Es braucht einen Konsens auch mit der Union, um die notwendigen Rechtsänderungen, bis hin zu Änderungen des Grundgesetzes durchzusetzen.

Innerhalb der Koalition gilt die FDP als Krawallmacherin. Es macht manchmal den Eindruck, als könnten gerade Sie mit dem Image gut leben.

Ich sag es mal so: Politik ist kein Kindergeburtstag. Sie bedeutet Auseinandersetzung. Das ist eine Errungenschaft unserer Demokratie. Es gibt Länder, da gibt es keine Diskussionen. Schauen Sie nach Russland. Alle, die sich da kritisch äußern, verschwinden plötzlich.

In Ihrer Partei galten Sie 2011 als „Euro-Rebell“, der gegen den Euro-Rettungsschirm mobil machte. In diesem Jahr feierten Sie ein Comeback als „Heizungsheld“ mit Ihrem Widerstand gegen das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG). Kopieren Sie die Methode Kubicki: ein Thema zu suchen, das viele Menschen umtreibt – und dann die eigene Partei vor sich hertreiben?

Ich glaube, ich habe die eigene Partei nicht vor mir hergetrieben.

Die Mehrheit für diesen Antrag hatten Sie ja vorher schon mit der Gruppe „Ottos Erben“ organisiert, dem marktradikalen Flügel der Partei.

Ich habe einen Antrag auf dem Bundesparteitag gestellt, der ist fast einstimmig beschlossen worden. Auch im Verlauf der Debatte gab es keinen Dissens zwischen Christian Lindner, Christian Dürr und mir. Wir haben höchstens eine andere Wortwahl, weil wir auch unterschiedliche Rollen haben.

Wie würden Sie Ihre Rolle denn beschreiben?

Ich bin ein unabhängiger Abgeordneter, aber gleichzeitig Diener im Weinberg meiner Partei. Ich bin aber lang genug im Deutschen Bundestag, um abschätzen zu können, was die Rolle eines einzelnen Abgeordneten bedeuten kann. Wir sind keine Abnicktruppe. Wir wollen unsere Anliegen voranbringen. Das war so bei der Eurokrise, bei der Impfpflicht oder beim Heizungsgesetz.

Sie verstehen sich als Oppositioneller in der eigenen Fraktion?

Nein, das würde ja bedeuten, man würde den eigenen Kurs nicht mittragen. Das war vielleicht in der Eurokrise so. In der Coronakrise ist Wolfgang Kubicki gegen die Impflicht aufgestanden.

Wer ist die größere Nervensäge, Kubicki oder Sie?

(lacht). Ach, Rebell, Held, Nervensäge, das sind so Etiketten, die einem aufgeklebt werden. Natürlich ärgern sich auch Menschen über mich. Dass einige sagen, der Schäffler ist eine Nervensäge, muss ich akzeptieren. Es stört mich ehrlich gesagt aber auch nicht.

In Ihrer Partei kursieren auch Begriffe wie „Quartalsirrer“. 

Ich glaube, meine Bilanz in diesem Jahr ist nicht so schlecht, wenn ich das mal so sagen darf. Wir wären weder in Bremen in die Bürgerschaft gekommen noch in den Hessen in den Landtag, hätten wir beim Heizungsgesetz nicht so hart dagegengehalten.

Wie ist denn Ihr Verhältnis zu Parteichef Christian Lindner?

Sehr gut. Das war nicht immer so. In der Eurokrise haben wir uns nicht so gut verstanden. Damals war er Generalsekretär und ich Initiator des Mitgliederentscheides für einen Stopp des Rettungsschirms.

Damals haben Sie die Partei an den Rand der Spaltung geführt.  Parteifreunde sagen, wenn Sie damals erfolgreich gewesen wären, hätten andere Euroskeptiker nicht die AfD gegründet.

Ach, das ist Spekulation. Kurz danach kam ja auch noch die Flüchtlingskrise.

Wann haben Sie erkannt, dass in dem grünen Entwurf für ein neues GEG das Potenzial steckte, die Koalition zu sprengen?

Das waberte schon länger. Mir war klar: Wenn es ans Ersparte und die Immobilie geht, sind die Leute auf den Bäumen. Auch die Ideologisierung, dass alles nur über die Wärmepumpe laufen sollte, erschien mir absurd. Wenn wir dafür in Haftung genommen worden wären, wären wir geschlachtet worden.

Täuscht der Eindruck, oder trug Ihr Kampf gegen das GEG bisweilen Züge eines Glaubenskriegs?

Wir hatten genug Alarmsignale ausgesendet. Deswegen habe ich gesagt: Bevor wir den Entwurf durchwinken, wollen wir ein paar Fragen beantwortet haben.

Ein paar Fragen ist gut. Es waren 101!

Das ist genau der Punkt. Habeck plant am Tisch bis 2045 eine Energiewende. Aber woher will er die Bedingungen kennen? Baupreise und Zinsen steigen.

Viele stoßen diese medialen Schaukämpfe ab. Die meisten Wähler hat die FDP an die CDU und die AfD verloren. Glauben Sie wirklich, dass Sie die zurückgewinnen, wenn sie Habecks GEG-Entwurf als „Atombombe für unser Land“ bezeichnen und von „Mühlsteinen“ reden? 

Das habe ich in einer internen Sitzung gesagt, es ist dann nach außen getragen worden. Aber ich glaube schon, dass die Rolle der FDP sein muss, den größten Unsinn der Grünen zu verhindern – unter anderem.

Auch deshalb will die FDP jetzt den Koalitionsvertrag neu verhandeln. Was muss sich ändern?

Als wir den Vertrag 2021 verhandelt haben, hatten wir noch keinen Ukrainekrieg und keinen Krieg in Israel. Es gab keinen Migrationsdruck. Jetzt müssen wir den Staat fit machen. Für Aufstiegschancen und Wachstum sorgen. Die Sozialsysteme in den Griff kriegen.

Was ist mit der Kindergrundsicherung?

Die war 2021 en vogue. Jetzt passt so ein neues Bürokratiemonster nicht mehr in die Zeit.

Hand aufs Herz, Herr Schäffler. Überlebt die Ampelkoalition bis zum Ende der Legislaturperiode – oder vielleicht sogar darüber hinaus?

Das hängt von den nächsten Wochen ab. Nur wenn die Koalition insgesamt das Problem der illegalen Migration löst und der Strukturprobleme angeht, hat sie eine Chance. Bei der Bundestagswahl kämpfen wir alleine, alles andere wäre Harakiri.

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