Frank Schäffler

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Wirecard: Erst der Anfang?

Photo by Sergiu Nista on Unsplash

Die Dimension der Pleite der Wirecard AG und deren Umstände wird immer größer. Gestern hat die Staatsanwaltschaft München drei Haftbefehle gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der Wirecard AG erlassen beziehungsweise erweitert. Seit 2015 seien Umsätze manipuliert und in den Bilanzen falsche Angaben gemacht worden. Die ursprünglich fehlenden 1,9 Milliarden Euro seien nur ein Bruchteil der fehlenden Gelder. Zahlreiche Banken hätten der Wirecard AG Kredite in der Größenordnung von 3,2 Milliarden Euro bewilligt, die nun wahrscheinlich uneinbringlich seien.

Nächste Woche Mittwoch trifft sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zu einer Sondersitzung. Vorgeladen sind die Minister Scholz (Finanzen) und Altmaier (Wirtschaft). Erster ist oberster Dienstherr der Finanzaufsicht BaFin. Die BaFin hat die Bilanzprüfung der Wirecard AG anderen überlassen, obwohl sie den Fall hätte an sich ziehen müssen. Altmaier ist Aufseher der Abschlussprüferstelle (Apas), war aber auch Kanzleramtsminister und damit auch für die Geheimdienste zuständig.

Es ist schon mindestens pikant, wenn Altmaiers ehemaliger Staatssekretär im Kanzleramt, der Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche, anderthalb Jahr nach seinem Ausscheiden in den Ruhestand, im Kanzleramt für die Wirecard AG lobbyiert. Das ist insbesondere deshalb auch interessant, weil Fritsche die kurz zuvor beendete ÖVP/FPÖ-Regierung und deren damaligen Innenminister Herbert Kickl von der FPÖ beriet. Fritsche sollte bei der Weiterentwicklung des Verfassungsschutzes in Österreich helfen.

Sowohl Markus Braun als auch sein flüchtiger Ex-Vorstandskollege Jan Marsalek hatten wohl enge Kontakte zur FPÖ. Die Wirecard AG hat die Partei mit Spenden unterstützt. Der flüchtige Marsalek ist laut Medienberichten in Russland untergetaucht und dort unter der Obhut des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Dorthin soll er schon seit vielen Jahren gute Kontakte gehabt haben. Ob dies dem ehemaligen Geheimdienstkoordinator Fritsche völlig verborgen blieb? Wenn ja: was ist ihm oder gar den Diensten noch so alles entgangen?

Ebenso hat Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für den Markteintritt von Wirecard in China im Kanzleramt lobbyiert. Die Kanzlerin sprach das dann auf ihrer Chinareise im September 2019 auch offiziell an. Bei so viel gegenseitiger Unterstützung der Beteiligten verwundert es nicht, dass der Staatssekretär im Finanzministerium Jörg Kukies den damaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun an dessen 50. Geburtstag am 5.11.2019 mit einem Besuch beehrte. So viel Nähe zu den Größen der Finanzwelt gab es seit dem Abendessen der Kanzlerin mit dem damaligen Deutsche Bank-Chefs Josef Ackermann und seinen Gästen im Kanzleramt anlässlich seines Geburtstages nicht mehr.

Noch interessanter wird es, wenn die Rolle von Goldman Sachs hier untersucht wird. Kukies war vor seiner Ernennung zum Staatssekretär 2018 als Deutschland-Chef von Goldman Sachs tätig. Hat die mangelnde Hartnäckigkeit bei den Untersuchungen vielleicht auch damit zu tun, dass die Investmentbank mindestens seit Anfang 2019 bei Wirecard investiert ist und ihren Anteil im Mai 2020 auf fast 16 Prozent erhöht hat? Hatte man vielleicht schon 2018 an Wirecard Interesse und sie beobachtet?  Hier muss es keinen direkten Zusammenhang geben. Doch wie das Finanzministerium und sein Staatssekretär mit der Finanzwelt agieren, zeigen die Umstände des Rücktritts des Vorstandsvorsitzenden der Commerzbank Martin Zielke und des Aufsichtsratschefs Stefan Schmittmann. Auslöser war hier ein Brief des Finanzinvestors Cerberus, der am 9. Juni 2020 verschickt wurde. Einen Tag davor und eine Woche danach traf sich Kukies mit Vertretern von Cerberus. Es ist also nicht völlig an den Haaren herbeigezogen, wenn man hier vermutet, dass das Finanzministerium und Cerberus sich hier die Bälle zuspielen.

All diese Verstrickungen sind schon Grund genug zu ernster Sorge. Hinzu kommt noch das Problem, dass auch noch Tausende von geschädigten Anlegern betroffen sind. Sie haben über 20 Milliarden Euro Börsenkapitalisierung verloren. Sie haben auf einen Staat, seine Institutionen und seine Kontrollmöglichkeiten gesetzt und vertraut. Sie müssen jetzt Verluste von bis 99 Prozent ihres investierten Vermögens verkraften. Das betrifft nicht nur viele Einzelaktionäre, sondern auch Anleger, die indirekt über Investmentfonds oder Indexfonds in den DAX investiert waren. Auch sie müssen Verluste verkraften. Schon deshalb muss dieser Skandal umfassend parlamentarisch aufgearbeitet werden. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist dafür das richtige Instrument.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Tichys Einblick.

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